Medienkritik zu "Allgemein"

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Autor

Adamczak, Biniin Buch:
Anarchismus, Marxismus, Emanzipation
Amhang, AdaIn Buch:
Spuren der Arbeit
Arnold, AlixIn Buch:
Auf dem Weg
Bauer, Ingrid, Dr.In Buch:
Tschik-Weiber haums uns g’nennt
Benner, ChristianeIn Buch:
Etappen, Konflikte und Anerkennungskämpfe der Migration
Bernhold, ChristianIn Buch:
Das System Tönnies

Ist das System Tönnies passé ?
Bettelheim, CharlesIn Buch:
Die Klassenkämpfe in der UdSSR Bd. 3+4
Besancenot, OlivierIn Buch:
Revolutionäre Annäherung
Bewernitz, TorstenIn Buch:
Syndikalismus und neue Klassenpolitik
Birke, PeterIn Buch:
Sechs Tage der Selbstermächtigung

Das System Tönnies

Das andere 1968

Ist das System Tönnies passé ?
Bologna, SergioIn Buch:
Selbstorganisation
Bongen, RobertIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Braeg, DieterIn Buch:
Wilder Streik – das ist Revolution

Erwitte: Wir halten den Betrieb besetzt

Erich-Mühsam-Revue

Jakob Haringer – Du bist für keinen Stern, kein Glück geborn !

Walter Ernsting. Ein Leben mit und ohne Science Fiction

Wir wissen wofür – Leben und Werk des Widerstandskämpfers Richard Zach

Rudolf Geist: Die Wiener Julirevolte

2 Monate – Von Weimar zu Hitler
Brauns, NikolasIn Buch:
Partisanen einer neuen Welt
Brümmer, MatthiasIn Buch:
Skizzen des Arbeiteerwiderstands in Südbayern
Buchenberg, WalIn Buch:
Kritik der Sowjetwirtschaft

Karl Marx-Lexikon
Bultschnieder, IngeIn Buch:
Das System Tönnies
CecosesolaIn Buch:
Partisanen einer neuen Welt
Cakir, MuratIn Buch:
Partisanen einer neuen Welt
Ciliga, AntéIn Buch:
Im Land der verwirrenden Lüge
Claussen, WiebkeIn Buch:
Die Meuterei auf der „Deutschland“
Markt zerfrisst Gesundheit
Kritik der Sowjetwirtschaft
Danner, MichaelIn Buch:
Selbstorganisation
Danyluk, RomanIn Buch:
Die unbekannte Revolution
De Greef, RobinIn Buch:
Riders unite!
Dieckmann, MartinIn Buch:
Selbstorganisation
Dillmann, RenateIn Buch:
China – ein Lehrstück
Duhm, RainerIn Buch:
Erwitte: Wir halten den Betrieb besetzt
Ferschl, Susanne
In Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Friedrich, SebastianIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Gallo-Lassere,
Davide
In Buch:
Gegen das Arbeitsgesetz und seine Welt
Gester, JochenIn Buch
Sechs Tage der Selbstermächtigung

Anarchismus, Marxismus, Emanzipation

Auf der Suche nach Rosas Erbe

Staat, Kapital, Kapitalismus, Klassen …

2 Monate – Von Weimar zu Hitler
Geist, RudolfIn Buch:
Die Wiener Julirevolte
Gietinger, KlausIn Buch:
Die Kommune von Kronstadt
Geist, RuolfIn Buch
Die Wiener Julirevolte
Giese, GudrunIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Göpfert, Claus-JürgenIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Gotthelf, WolfgangIn Buch:
Ist das Syystem Tönnies passé ?
Grajewski, LukaszIn Buch:
Ist das System Tönnies passè ?
Granz, RüdigerIn Buch:
Das System Tönnies

Ist das System Tönnies passé ?
Greef de, RobinIn Buch:
Riders unite!
Grüner, GuidoIn Buch:
Das System Tönnies

Ist das System Tönnies passé ?
Hajek, WilliIn Buch:
Sechs Tage der Selbstermächtigung,

Selbstorganisation

Klassenkämpfe in der UdSSR

Gegen das Arbeitsgesetz und seine Welt

Gelb ist das neue Rot
Hanloser, GerhardIn Buch:
Anarchismus, Marxismus, Emanzipation
Harnisch, DianaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Hauer, DirkIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Harzer, ErikaIn Buch:
Das System Tönnies

Ist das System Tönnies passé ?
Haumer, PeterIn Buch:
Hugo Sonnenschein
Heide, HolgerIn Buch:
Selbstorganisation
Hien, WolfgangIn Buch:
Das andere 1968

Eine Revolte der Natur
Hirsch, JoachimIn Buch:
Anarchismus, Marxismus, Emanzipation
Henriksson, LarsIn Buch:
Sechs Tage der Selbstermächtigung
Hipp, DietmarIn Buch:

Ist das System Tönnies passé ?
Hoffrogge, RalfIn Buch:

Eine Geschichte der Novemberrevolution

Allgemeiner Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands
Holloway, JohnIn Buch:
Auf dem Weg

Hürtgen, Renate
In Buch:
Stalinismus, eine Sackgasse
Hüttenschmid, AnnaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Huppertz, CarinaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Jongerden, JoostIn Buch:
Partisanen einer neuen Welt
Karathanassis, AthanasiosIn Buch:
Selbstorganisation
Kayserilioglu, AlpIn Buch:
Partisanen einer neuen Welt
Kellermann,
Philippe
In Buch:
Anarchismus, Marxismus, Emanzipation
Kiechle, BrigitteIn Buch:
Partisanen einer neuen Welt
Klönne, ArnoIn Buch:
Erwitte: Wir halten den Betrieb besetzt
Kock-Rohwer, DirkIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Kossen, PeterIn Buch:
Das System Tönnies

Ist das System Tönnies passé ?
Kraus, Leon Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Krellmann, Juttan Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Lackus, HendrikIn Buch:
Mall of Shame
Lapaintiené, IevaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Leiste, OliverIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Löwy, MichaelIn Buch:
Revolutionäre Annäherung
Lucas, Erhardin Buch:
Märzrevolution 1920

Vom Scheitern der deutschen Arbeiterbewegung
Lütten, JohnIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Maus, ErhardIn Buch:
Erwitte: Wir halten den Betrieb besetzt
Meyer, LarsIn Buch:
Selbstorganisation
Mühsam, ErichIn Buch:
Dampfer „Deutschland“ in Seenot
Müller, RichardIn Buch:
Eine Geschichte der Novemberrevolution
Nappalos, Scott, Nikolasin Buch:
Spuren der Arbeit
Nechifor, GeorgeIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Notz, GiselaIn Buch:
Erwitte: Wir halten den Betrieb besetzt
Obenland, HerbertIn Buch:
Da andere 1968
Öztürk, Nihatin Buch:
Etappen, Konflikte und Anerkennungskämpfe der Migration
Peter, UlrichIn Buch:
Die Meuterei auf der „Deutschland“

Märzrevolution 1920

Vom Scheitern der deutschen Arbeiterbewegung
Piachnow-Schmidt, GabrieleIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Rahmann, Marenin Buch:
Erich-Mühsam-Revue
Rath, JorgeIn Buch:
Auf dem Weg
Richter, ChristaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Richter, MarkIn Buch:
Spuren der Arbeit
Ross, AnnikaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Roth, EvaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Rügemer, WernerIn Buch:
Das System Tönnies

Ist das System Tönnies passé ?
Ruge, WolfgangIn Buch:
Stalinismus, eine Sackgasse …
Ruhoff, WernerIn Buch:
Lebenswege gegen den Strom, Band 1: Du musst selber entscheiden,

Eine sozialistische Fantasie ist geblieben
Schell, OlgaIn Buch:
Mall of Shame
Schindler, MatthiasIn Buch:
Vom Triumph der Sandinisten zum demokratischen Aufstand
Schlosser, RobertIn Buch:
Sechs Tage der Selbstermächtigung
Schönfeldt, IngaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Schuhmann, MauriceIn Buch:
Die unbekannte Revolution
Schwinn, FlorianIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Sepsi, Szabolcs In Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Sonnenschein, HugoIn Buch:
Der Bruder Sonka
Stache, ChristianIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Stange, GerdIn Buch:
Macht und Recht im Betrieb Der “Fall BMW-Berlin”
Szot, AnnaIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
VolinIn Buch:
Die unbekannte Revolution
Vollmer, PeterIn Buch:
Macht und Recht im Betrieb Der “Fall BMW-Berlin”
Wallat, HendrikIn Buch:
Anarchismus, Marxismus, Emanzipation
Wanzek, InkenIn Buch:
Selbstorganisation
Weber, GabyIn Buch:
Chatting with Sokrates – Dialog über Öl, Atom und Eichmann – Ein Theaterstück
Wegner, DieterIn Buch:
Das System Tönnies

Ist das System Tönnies passé ?
Wiese, StephanIn Buch:
Ist das System Tönnies passé ?
Yarasir, VolkanIn Buch:
Partisanen einer neuen Welt
Zeuner, BodoIn Buch:
Kritik + Hoffnung – Politische und politikwissenschaftliche Texte aus 50 Jahren

Macht und Recht im Betrieb Der “Fall BMW-Berlin

„Express“ 12/2022

Über Widerstand gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur

Von Ulrich Maaz

Die Holding der Familie Tönnies ist mit Abstand der größte Fleischverarbeitungskonzern in Deutschland. In die öffentliche Kritik geraten ist er im Frühjahr 2020 wegen 1.500 Corona-Infektionen in seiner Schlachterei am Stammsitz Rheda-Wiedenbrück. Erst dieses Ereignis hat dazu geführt, dass es eine breitere Empörung über die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen der migrantischen Arbeiter:innen in den Großschlachtereien gibt – und als eine staatliche Reaktion die Verabschiedung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes.

Der »Jour Fixe Gewerkschaftslinke« beschäftigt sich schon seit Jahren intensiv mit diesem Thema und hat Initiativen gegen das »System Tönnies« unterstützt. Er hat nun einen Folgeband zu dem 2020 erschienenen Buch »Das System Tönnies« herausgegeben, in dem nicht nur die Arbeitsbedingungen der Arbeiter:innen in der Fleischindustrie behandelt werden, sondern auch die Perspektiven der Fleischindustrie, der Landwirtschaft und der Tierrechte.

Auf gut 200 Seiten finden sich über 30 Beiträge, die zum großen Teil schon an anderer Stelle veröffentlicht wurden. Im ersten Teil des Buches sind Berichte abgedruckt, die die Situation bei Tönnies (und darüber hinaus in der Fleischindustrie insgesamt) vor dem Inkrafttreten des Arbeitsschutzkontrollgesetzes beschreiben. Im zweiten Teil geht es um die Umsetzung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes und (erste) Auswirkungen. Im dritten Teil sind Beiträge unter der Überschrift »Fakten. Ausblicke. Perspektiven« versammelt.

Dass hier Texte nachgedruckt wurden ist kein Nachteil – im Gegenteil: Die Zusammenstellung ermöglicht einen guten Einblick in die unterschiedlichen Aspekte dieser besonderen Ausbeutungspraxis.

So vermitteln z.B. die Interviews mit dem Pfarrer Peter Kossen aus Lengerich, mit Inge Bultschnieder von der »Interessengemeinschaft Werkfairträge« aus Rheda-Wiedenbrück und mit Freddy Adjan, dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft NGG, ein anschauliches Bild der Arbeits- und Lebensbedingungen von Werkvertragsbeschäftigten in der Fleischindustrie. In diesen und anderen Beiträgen wird deutlich, mit wie viel Zivilcourage sich (zunächst) Einzelne nicht nur gegen die miesen Arbeitsbedingungen, sondern auch gegen die Umweltverschmutzung und Tierquälerei des »System Tönnies« gewehrt haben ‒ ob am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück, in Weißenfels in Sachsen-Anhalt oder in Kellinghusen in Schleswig-Holstein. Dort wurde sogar der amtierende Landrat des Kreises Steinburg/Itzehoe, Torsten Wendt, auf Druck der Fleischlobby von der Mehrheit des Kreistages abgewählt, nachdem er wegen der Missstände mit der Schließung der Schlachterei gedroht hatte und sich express Nr. 12/2022 nicht von Tönnies hatte »einnorden« lassen. Der kurze Beitrag von Dieter Wegner dazu ist ein Lehrstück, wie politische Erpressung funktioniert und demokratische Strukturen ausgehebelt werden. Die beiden Beiträge über den zweitgrößten Tönnies-Standort in Weißenfels belegen am Beispiel der dortigen Auseinandersetzung um den Emissionsschutz und um Abwasserprobleme, wie Umweltrecht und rechtsstaatliche Standards umgangen bzw. ignoriert werden.

Die Beiträge im zweiten Teil des Buches befassen sich mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz und seinen bisherigen Auswirkungen. Es ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Wesentlicher Inhalt ist das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in Betrieben der Fleischindustrie mit mehr als 50 Beschäftigten. Das ist zunächst ein politischer Erfolg aller, die gegen die Überausbeutung in der Fleischindustrie protestiert haben. Allerdings zeigen die ersten Berichte über die Umsetzung des Gesetzes, dass die Auswirkungen für die – jetzt direkt bei den Schlachtereien beschäftigten – Arbeiter:innen nicht immer positiv sind. So hat die Reduzierung der überlangen Arbeitszeiten teilweise zu einer weiteren Steigerung der Arbeitshetze geführt. Auf der anderen Seite sind die Chancen für gewerkschaftliche Organisation und Durchsetzung tariflicher Verbesserungen deutlich gestiegen.

Neben diesen beiden Themenschwerpunkten bietet dieser Sammelband aber noch mehr,
beispielsweise: Analysen, wie es überhaupt zu solch haarsträubenden Verhältnissen kommen konnte (Ferschl/Krellmann: Deutschland einig Dumpinglohnland) und wie sich die Strukturen der Schlachtbranche aktuell verändern (Hüttenschmidt); Erklärungsansätze, warum das Agrobusiness Treiber der Corona-Pandemie und anderer Seuchen ist (Stache/Bernhold: Superspreader Fleischkapital) sowie Ansatzpunkte für eine andere landwirtschaftliche Produktion (Kock-Rohwer und Piachnow-Schmidt, Ideenwerkstatt Kellinghusen).

Dieter Wegner schreibt im Vorwort für die Herausgeber: »Es haben sich in den letzten Jahren sehr unterschiedliche Akteure gegen das System Tönnies zusammengefunden: aus der Zivilgesellschaft, Initiativen gegen das System Tönnies, aus beiden Kirchen, Gewerkschafter, Tierrechtler, Landwirte, Wissenschaftler. Auch wenn zwischen ihnen Unterschiede in der Herangehens- und Sichtweise bestehen, sie eint das Ziel: Das System Tönnies muss weg!

Wenn dieses Buch II dazu dient, das Interesse am Thema aufrechtzuerhalten, hat es seinen Zweck erfüllt.«
Auch wenn es leider nicht immer editorische Erläuterungen zum Hintergrund und den Autor:innen der einzelnen Beiträge gibt – das Buch erfüllt seinen Zweck, ist in seiner Vielfalt sehr anregend und ein gutes Beispiel für politische Aufklärung – insbesondere zum konkreten Zusammenhang zwischen Ökonomie und Ökologie. Meine Empfehlung lautet daher: Unbedingt lesen!

* Ulrich Maaz ist langjähriger ver.di-Aktiver aus Hamburg.


„Passauer Neue Presse“ v. 16.11.22

Von Till Frieling

„Der Arbeiterwiderstand fehle völlig in der Erinnerungskultur – das Buch ist ein Versuch, das zu ändern“

Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist für Max Brym, der in Altötting geboren ist, ein sehr persönliches Thema. Bryms Vater war polnischer Jude und Überlebender der Schoah. Mit seinem Sohn konnte er jedoch nie über seine Zeit im KZ sprechen. Diese einschneidende Erfahrung war für den Autor Anlass, sich intensiv mit dem Naziregime und zu befassen.

In seinem neuen Buch „Skizzen – Arbeiterwiderstand gegen das Nazi Regime in Südbayern“ widmet sich Brym, der heute in München lebt und unter anderem Gastdozent an der Universität Prishtina im Kosovo war, dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus in der bayerischen Provinz. Das Buch ist sein zweites Werk zu dem Thema. In dem Buch „Roter Widerstand in der bayerischen Provinz“ beschrieb Brym schon einmal den Widerstand der bayerischen Arbeiterschaft gegen den NS-Terror. Sein neues Werk knüpft daran an, ist aus Bryms Sicht jedoch breiter aufgestellt.

Kleine Arbeiterzentren wie Burghausen spielten laut Brym eine nicht ganz unwichtige Rolle im Widerstand gegen die Nationalsozialisten. Vor allem vor der Machtergreifung Hitlers 1933 gab es hier immer wieder heftige Auseinandersetzungen zwischen den Nazis und organisierten linken Arbeitern. Der erste Versuch der NSDAP, 1932 eine größere Veranstaltung im Burghausener Gasthof „Glöckelhofer“ abzuhalten, wurde so gemeinsam von sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeitern unterbunden — auch mit Gewalt.

Brym betont, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden linken Lagern zu diesem Zeitpunkt durchaus eine Besonderheit war. Auf Reichsebene bekämpften sie sich oft, anstatt sich gemeinsam gegen den aufkommenden Faschismus zu stellen. In den kleineren Arbeiterstädten wie Burghausen hatte man jedoch früh begriffen, dass die Nazis keinen Unterschied zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten machten – und man tat sich zusammen. Für Brym ist der Widerstand in der Region daher ein Beispiel dafür, wie der Nationalsozialismus noch vor 1933 hätte zerschlagen werden können.

Bryms Buch ist voll von Geschichten und Anekdoten über den Kampf gegen die Nazis in der bayerischen Provinz. So beschreibt der Autor, wie am Burghauser Wöhrsee Waffenlager anlegt und wieder geleert wurden, nachdem sie beinahe entdeckt worden waren. Auch die Burghauser Geschehnisse des 9. März 1933 – der Tag der sogenannten Gleichschaltung der Länder – beschreibt er. Die Burghauser Ortsgruppe der KPD versuchte damals, die NSDAP daran zu hindern, eine Hakenkreuzfahne auf dem Dach des Rathauses zu hissen.

Das Brym so ausführlich und anschaulich über die Geschehnisse berichten kann, liegt an seiner umfassenden und zum Teil schon jahrzehntelangen Recherche. Schon in den 1970er Jahren begann er, Gespräche mit Zeitzeugen zu führen und darüber Tagebuch zu schreiben. So konnte Brym Ende der 70er Jahre noch mit Alois Haxpointner sprechen, der lange die KPD in Burghausen geleitet hat und zehn Jahre im KZ Dachau inhaftiert war.

Mit seinem Buch möchte Brym auch die Geschichtsschreibung über den Widerstand gegen das Naziregime ergänzen. Man erinnere sich zwar richtigerweise an Gruppen wie die Weiße Rose oder den militärischen Widerstand rund um Claus Schenk Graf von Staufenberg, der Arbeiterwiderstand fehle aber komplett in der Erinnerungskultur, erklärt er. Sein neues Buchs ist daher auch ein Versuch, das zu ändern.


„express“ 12/2021

Über die Leerstelle von „Anger“ und „Action“

von Jonas Berhe

Schon der Titel lässt es erahnen: Der Frankfurter Gewerkschafts-Organizer, Theoretiker und Autor Slave Cubela lässt in seinem Buch »Anger, Hope – Action? Organizing und soziale Kämpfe im Zeitalter des Zorns« viel Platz für Emotionen und auch (Selbst-)Zweifel. Be­merkenswert, wenn man bedenkt, dass die hiesige Organizer-Szene sich in der vergan­genen Dekade eher für Antworten denn für noch mehr Fragen zu gewerkschaftlichen Heraus­forderungen interessierte.

Einleitend fragt sich Cubela anhand verschiedener zeithistorischer Momente, beispiels­weise von kollektiven Ausgrenzungserfahrungen in den französischen Vorstädten schon vor 30 Jahren, warum solche Erfahrungen zwar immer wieder zu Riots, aber nicht zu konsequenten größeren gesellschaftlichen Konfrontationen geführt haben. Mit anderen Worten also, warum Anger nicht konsequenterweise zu Action führt (daher das kritisch aufdringliche Fragezeichen im Titel), während die reine Organizing-Schule aber genau mit diesem politischen Dreisatz zur Mobilisierung der betrieblichen Massen rät: Also Anger ausmachen, Hope vermitteln und Action umsetzen. Cubela, selbst erfahrener und immens talentierter Organizer, verweist an diesem Punkt auf eine »wiederkehrende Leerstelle«, die er beobachtet. Zu dieser »Leerstelle« zwischen Anger und Action findet er in der gesamten, mittlerweile selbst im deutschsprachigen Raum recht vielfältigen Publikationswelt keine passende Antwort.

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„express“ Nr. 11 -2021

Kapitalismus – seine Hölle verweilt, dringt in unsere Träume ein und entwürdigt sie

„Greif zur Feder Kumpel“ lautete vor fast hundert Jahren der Kampfruf der Arbeiterschriftsteller*innen, die berichten wollten, was sie an ihren Arbeitsplätzen erlebten. In der DDR wurde diese Bewegung mit dem Bitterfelder Weg verstaatlicht. In der BRD gab es in den 1970er Jahren mit den Werkkreis Literatur der Arbeitswelt und ähnlichen Projekten erneut den Versuch, Berichte aus der Arbeitswelt zu veröffentlichen.Vor allem Operaist*innen haben in verschiedenen Ländern immer die Bedeutung solcher Berichte betont Es geht eben nicht darum, dass solidarische Sozialwissenschaftler*innen über die Zustände im Job berichten, sondern die Menschen, die dort tagtäglich arbeiten, selbst schreiben. Davon scheint heute kaum etwas übrig geblieben. Doch der Eindruck täuscht. Mark Richter, Levke Asyl, Ada Anhang und Scott Nikolas Nappas haben mit ihrem Buch „Spuren der Arbeit, Geschichten von Jobs und Widerstand“ eine Sammlung von … solchen Geschichten aus den USA vorgelegt. In diesem jüngst auf Deutsch erschienenen Buch liest man nicht über die großen Streiks des fordistischen Zeitalters, als Arbeiter*innen gemeinsam die Fabrik verließen. Beschrieben werden vielmehr die kleinen Siege, wenn sich einige Kolleg*innen weigern, den Chef zu duzen oder sich weigern, ihre in der Pause gekauften Pralinen mit ihren Chef*innen zu teilen. dass sie von der Trennung in Klassen- versus Identitätspolitik nichts halten. Gewidmet haben sie das Buch allen Kolleg*innen, die in ihrer Praxis Feminismus, Antirassismus und Klassenkampf verbinden“.

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„ak 670“ v. 20.4.2021

… überaus hilfreich für die Frage der Zukunft migrantisch geprägter Arbeitskämpfe

Der Verlag Die Buchmacherei entpuppt sich als wichtigster Verlag für soziale Bewegungen in der Arbeitswelt. Das zeigt auch die neue Publikation »Mall of Shame« um den migrantisch geprägten und von der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU) unterstützten Arbeitskampf an dem Berliner Einkaufszentrum Mall of Berlin. Der Sammelband wird von zwei im Konflikt als Übersetzer*innen Aktiven herausgegeben. Das macht den Band zum spannendsten Buch zum Thema Arbeitskonflikt seit Langem. Gut die Hälfte besteht aus Interviews mit den osteuropäischen Arbeitern, die den Konflikt getragen haben. Das ist so erfrischend wie aufschlussreich. Das Engagement der Basisgewerkschaft tritt bescheiden in den Hintergrund gegenüber der Perspektive jener, um die es geht. Da darf im Nachhinein ein solcher Kampf auch durchaus zu »verlorener Zeit« erklärt werden, individuelle Rassismen, Differenzen und die Distanz zur Anarcho-Subkultur sind (auch in einem Interview mit Aktiven aus der FAU) Thema, vor allem aber auch die Lebensgeschichte und aktuelle Lage der Berichtenden. Chronologie und Aufsätze zur juristischen und gesellschaftlichen Einordnung des Kampfes sind eher Beiwerk zu den zentralen Gesprächen. Schmankerl: In einer Diskussion mit Karl-Heinz Roth vergleichen die Herausgeber*innen den aktuellen Kampf mit den »wilden« Streiks der frühen 1970er Jahre; auch diese vergleichende Perspektive ist überaus hilfreich für die Frage der Zukunft migrantisch geprägter Arbeitskämpfe.

Torsten Bewernitz


„Z“ 83 – September 2010

Linke Kritik an China?

Rolf Geffken zu Renate Dillmann

Renate Dillmann, China – Ein Lehrstück über alten und neuen Imperialismus, einen sozialistischen Gegenentwurf und seiner Fehler, die Geburt einer kapitalistischen Gesellschaft, den Aufstieg einer neuen Großmacht, VSA-Verlag, Hamburg 2009, 388 S. mit CD-Rom, 22,80 Euro

Am China seit Deng Xiaopeng scheiden sich die Geister. Auch die Geister der politischen Linken. Die Positionen linker, auch marxistischer, Autoren gegenüber China sind fast so unterschiedlich und facettenreich wie die „bürgerliche“ Kritik (oder auch Verteidigung) Chinas. Während Autoren wie Rolf Berthold, Helmut Peters und Theodor Bergmann die VR China durchaus „auf dem Weg zum Sozialismus“ sehen, kritisieren andere aus marxistischer Sicht den chinesischen „Turbokapitalismus“, so z.B. die Politikwissenschaftlerin Cho und der italienische Publizist Arrighi. Renate Dillmann will sich mit ihrem Buch „quer“ zu allen bisherigen Deutungen der Chinesischen Revolution stellen. Dabei beruft sie sich auf keinen geringeren als Karl Marx selbst. Sie grenzt sich von allen bisherigen marxistischen Kritiken oder auch Apologien ab und beruft sich gewissermaßen auf das „Original“. Ob sie diesem Anspruch gerecht wird oder ob sie nicht gerade Marx bei Ihren Bewertungen chinesischer Geschichte und Politik verkennt, bleibt zu prüfen.

Zunächst fällt die bisweilen ins umgangssprachliche abgleitende Begriffswelt der Autorin auf: Sie bezeichnet die China-Berichte in den hiesigen Medien als „ziemlich üble Mischung von Ignoranz, Feindschaft und Begeisterung“. In der Parole zur Befreiung der unterdrückten Völker und der Parole von der Befreiung der unterdrückten Klassen sieht sie „zwei verschiedene Paar Stiefel“ und unterstellt den „chinesischen Kommunisten“ dabei „Beteuerungen und Windungen“. Die Reklamierung nationaler Interessen am Fortbestand von Klassenunterschieden bezeichnet sie als „notwendigerweise verlogen.“ Zum Zeitpunkt der Gründung der Volksrepublik sei China das „ärmste und verkommenste Land der Welt“ gewesen. Wiederholt wirft sie der Kommunistischen Partei Chinas eine „Un-Logik“ vor und tituliert den Gleichklang von Volkseigentum und geplantem Markt als: “dumme Widersprüche“. Und schließlich als „theoretische Dummheit“. Schließlich beklagt sie „dümmliche Propagandaplakate“ und behauptet, diese Propaganda habe den Zweck gehabt, darzulegen, dass es in einem Entwicklungsland 10 Jahre nach Ende eines Bürgerkrieges „nichts zu meckern“ gegeben habe.

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