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„DER STANDARD“ vom 30.11.2015

Eine Geschichte der Arbeiterinnensolidarität

Es ist dem ehemaligen Bildungsobmann der IG-Metall und ehemaligen Kommunalpolitiker der Linken in deutschen Mönchengladbach zu verdanken, dass ein wichtiges Stück Arbeiter- und Frauengeschichte Österreichs wieder zugänglich ist. Braeg ist es gelungen die Salzburger Historikerin Ingrid Bauer zu überzeugen, ihr 1987 im Europa-Verlag erschienenes Buch über die Tabakarbeiterinnen von Hallein in einem kleinen Berliner Verlag neu aufzulegen. Der Band zählt zu den Pionierstudien der Oral History in Österreich und war nicht einmal mehr antiquarisch erhältlich.

Die „Tschikweiber“ sind Frauen-, Sozial-, und Alltagsgeschichte, Gewerkschafts- und Industriegeschichte in einem. Ingrid Bauer erzählt anhand von lebensgeschichtlichen Interviews die Geschichte der selbstbewussten, gewerkschaftlich organisierten Arbeiterinnenschaft aus den Tabakwerken der Salinenstadt Hallein – in unmittelbarer Nähe zum bürgerlich-reaktionären Salzburg gelegen. DieTabakwerke wurden 19039 von den Nazis geschlossen.

Von besonderer Bedeutung ist der Band, da er sich mit der Widerständigkeit und Solidarität vomn Arbeiterinnen beschäftigt. Einfache Frauen wie Fabrikarbeiterinnen und Bäuerinnen wurden von der historischen Forschung bis dahin völlig ausgeblendet. Bauer geht es dabei jedoch um mehr als nur das lokale Beispiel: Die ist bestrebt, im Konkreten das Grundsätzliche zu erkennen, es geht also auch um das heute oft verloren gegangene Bekenntnis zum Widerstandsgeist und zur Solidarität.

Dem erweiterrt aufgelegten Band ist nun auch eine DVD beigelegt. Auf dieser findet sich das Textbuch zum Theaterstück Tschikweiber (Hartmann/Hassfurter) und ein Dokumentarfilm von Uwe Bolius über die wohl bekannteste Widerstandskämpferin Agnes Priomocic, Nicht stillhalten, wenn Unrecht geschieht.

Thomas Neuhold


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