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„Ossietzky“ Nr. 24 2014
Nicht nur eine Reise in die Vergangenheit von BMW
Dieses Buch dokumentiert einen Kampf zwischen Lohnarbeit und Kapital im BMW-Motorradwerk Berlin (1984 – 1987). Beteiligt waren die Belegschaft und dazu Akteure: Rainer Knirsch, Hans Köbrich und Peter Vollmer, die in diesem Betrieb nicht nur ihre Arbeitskraft verkauften, sondern auch linke kritische Betriebsarbeit leisteten.
Beschrieben wird die tagtägliche Arbeit als interessenbewusster Arbeiter, als Gewerkschafter, als Betriebsrat. Dazu wird die arbeitsrechtliche Situation aufgezeigt, konkret und systembedingt, samt der Öffentlichkeitsarbeit: im Betrieb für die Belegschaft; für die Öffentlichkeit außerhalb, die Anteil nehmen und solidarisch sind; für Presse, Funk und Fernsehen; an Einzelpersonen und Organisationen, um „Netzwerke“ zu bilden.
Knirsch, Köbrich und Vollmer wurden während der Auseinandersetzung mit BMW insgesamt 20 Mal gekündigt, hatten jahrelang keinen Zugang zum Betrieb, und die über hundert arbeitsrechtlichen Verfahren haben BMW sicher sehr viel Geld gekostet. Trotzdem gewann BMW keinen Prozess!
Da das Kapital heute, wie vor 30 Jahren, mit immer den gleichen Strategien operiert – Beeinflussung und Behinderung von Betriebsratswahlen, Disziplinierung von kritischen Beschäftigten, Verweigerung der leider sowieso zu schwachen Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz -, ist dieses Buch besonders notwendig, denn hier kann man lernen, wie Solidarität organisiert werden muss und ein Komitee geschaffen wurde, das BMW entgegentreten konnte.
Bodo Zeuner, der Sprecher des Solidaritätskomitees war, weist in seiner Einleitung vor allem auf ein wichtiges Problem hin: den Unterschied von „gelben“, also vom Arbeitgeber gekauften Interessenvertretern, zu „sozialpartnerschaftlichen“ Betriebsräten und Gewerkschaftern.
Dass alle Prozesse gewonnen wurden und unter anderem der BMW-Vorstandsvorsitzende mit einem Zwangsgeld von 100.000,- DM, ersatzweise sechs Wochen Haft bedroht wurde, wenn BMW rechtskräftigen Urteilen nicht folge, ist auch eine Ermunterung für jene, die dem Kapital die Stirn bieten. Dieses Buch ist nicht nur informativ, es bietet Spannung, und je länger man diesen gut geschilderten Konflikt verfolgt, umso mehr steigt die Wut gegen diese Willkür, die es nicht nur bei BMW gab und gibt.
Dieter Braeg
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