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„Südlink“ 188 Juni 2019

Das Scheitern des Sandinismus

Seit dem 18. April 2018 ist Nicaragua nicht mehr wiederzuerkennen. Mehr als 300 Menschen wurden seitdem bei politischen Unruhen getötet. Nicht alle, aber die meisten von ihnen waren Teil der Op­position gegen die Regierung von Präsident Daniel Ortega und sei­ner Ehefrau und Vizepräsidentin Rosario Murillo. Wie es dazu kom­men konnte, dass die »Ideale der Sandinistischen Revolution voll­ständig begraben« wurden, schildert Matthias Schindler in seinem Buch »Vom Triumph der Sandinisten zum demokratischen Auf­stand«. Der langjährige Aktivist der Solidaritätsbewegung analy­siert dafür die Entwicklung der letzten vierzig Jahre in Nicaragua. Nachdem er einleitend die aktuellen Proteste und die Repression seit dem April 2018 rekapituliert, beschreibt er anschließend den Werdegang der FSLN und wie diese sich von einer Befreiungsbewe­gung, die nach dem Sturz des Somoza-Clans ab 1979 ein ganzes Jahr­zehnt der US-Aggression trotzte und den Krieg gegen die Contras überstand, hin zu einem vollständig den Interessen des Ortega-Clans untergeordneten Parteiapparat verwandelte. Auch Schindler kann letztlich nicht genau erklären, wie dieses Ausmaß an Gewalt gegen die eigene Bevölkerung möglich wurde. Der Autor geht mit der FSLN und Daniel Ortega hart ins Gericht. Er macht dies aber aus einer eindeutig linken Perspektive, einer, in der Sozialismus und Demokratie unbedingt zusammengehö­ren. Zwar hätte das Buch, das in weiten Teilen eine akademische Abschlussarbeit ist, besser ausgearbeitet und lektoriert werden müssen. Doch sei es all jenen empfohlen, die besser verstehen wollen, wie ein revolutionä­res Projekt wie der Sandinismus, das für viele Linke weltweit einst Anlass zur Hoffnung war, sich zu einer »menschenverachtenden Dikta­tur« entwickeln konnte.

Michael Krämer


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