»Der Streik hat mir geholfen, als junger Mensch Kraft aufzubauen.« Migrantische Kämpfe gegen Ausbeutung und Rassismus
22,00 €
Mit Beiträgen von: Felix Axster, Peter Bach, Stefan Berger, Kemal Bozay, Dieter Braeg, Nuria Cafaro, Pablo Dominguez-Andersen, Simon Goeke, Felix Heinrichs, Bernd Hüttner, Nicole Mayer-Ahuja, Nihat Öztürk, Massimo Perinelli, Witich Rossmann, Baris Sahin, Irina Vavitsa und Florian Weis.
Die migrantischen Kämpfe für menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung sind zugleich ein mutiger Kampf gegen die Zumutungen des Kapitalismus und des Rassismus seit Beginn der 1960er-Jahre. Ein Höhepunkt dieser Kämpfe war eine Serie von Migrantenstreiks im Sommer 1973.
Im Bewusstsein der politischen Linken und der migrantischen Gewerkschafter*innen sind diese Streiks als Wendepunkte des Widerstands gegen Ausbeutung und rassistische Strukturen tief verankert. Insofern sind die spontanen Streiks der Migrant*innen im Sommer 1973 mehr als nur historische Ereignisse – sie sind Symbole des Kampfes um Gerechtigkeit, Solidarität und Würde. Diese Kämpfe haben die Arbeitswelt verändert und unser Verständnis von Zusammenhalt und Widerstand in einer Gesellschaft geprägt, die leider allzu oft eher spaltet als solidarisch vereint. Deshalb sind diese Kämpfe ein Mahnmal, aber auch eine Quelle der Inspiration für die kommenden Generationen.
Zweifellos haben diese spontanen Streiks gegen die kapitalistische Ausbeutung die Gewerkschaften enorm gestärkt. Es waren die spontanen Streikwellen seit Anfang der 1960er-Jahre und verstärkt im Sommer 1973, die die Gewerkschaften dazu veranlassten, die Humanisierung der Arbeitswelt, die Abschaffung der frauendiskriminierenden Niedriglohngruppen, die Verlängerung des tariflichen Urlaubs und die Verkürzung der Wochenarbeitszeit flächendeckend durchzusetzen.
Der Sammelband diskutiert und würdigt migrantische Kämpfe aus einer kapitalismuskritischen, antirassistischen oder radikaldemokratischen Perspektive. Die Erinnerung an migrantische Kämpfe dient sowohl der historischen Würdigung der am Streik beteiligten Arbeiter*innen als auch der Ermutigung für eine solidarische Praxis, die gerade in Zeiten der Prekarisierung und Segmentierung von Arbeits- und Lebenswelten geboten ist.
Die Herausgeber:
Nihat Öztürk, geb. in Antakya (Türkei), arbeitete als Gießereiarbeiter und Elektroschweißer, bevor er als Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung Soziologie und Sozialökonomie studierte. Ab 1983 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Hamburg und Dortmund tätig. 1989 wechselte er zur IG Metall Düsseldorf. Dort arbeitete er als Gewerkschaftssekretär und von 1996 bis 2017 als Geschäftsführer. Danach war er bis 2019 im Ressort Migration und Teilhabe beim Vorstand der IG Metall tätig. Er ist im Vorstand des Kumpelvereins Gelbe Hand, im Beirat der Rosa-Luxemburg-Stiftung-NRW und in weiteren Vereinen bürgerschaftlich aktiv. Letzte Veröffentlichung: Etappen, Konflikte und Anerkennungskämpfe der Migration, Berlin 2022.
Nuria Cafaro, geb. 1995, politisiert durch die Erinnerungsarbeit zum Brandanschlag in Solingen und die Bildungsstreikbewegung, studierte Geschichte, Philosophie und Bildungswissenschaften, aktiv in Gewerkschafts- und linken Zusammenhängen. Als Historikerin arbeitet sie vor allem zur Gewerkschafts- und Migrationsgeschichte sowie zur Selbstorganisierung von Migrantinnen. Sie arbeitet beim Kölner Frauengeschichtsverein zur Migrationsgeschichte von Frauen, als Stadtführerin, ist in der politisch-historischen Bildungsarbeit tätig und promoviert als Kollegiatin der a.r.t.e.s. Graduiertenschule an der Universität zu Köln über Arbeitskämpfe in Italien, Frankreich und Westdeutschland um 1968. Schwerpunkt des Projektes ist der Streik in den Kölner Fordwerken 1973.
Bernd Hüttner, ist Politikwissenschaftler und lebt in Bremen. Er ist Referent für Zeitgeschichte und Geschichtspolitik am Zentrum für Gesellschaftsanalyse und politische Bildung der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Koordinator des Gesprächskreises „Geschichte“ und Co-Koordinator des Gesprächskreises „Antisemitismus/jüdisch-linke Geschichte und Gegenwart“ der RLS. Er ist unter anderem Mitglied des Vorstandes der German Labour History Association und der Redaktion von Arbeit – Bewegung – Geschichte. Zeitschrift für historische Studien. Zu seinen Interessensgebieten gehören emanzipatorische historische Bildung, Intersektionalität, Kunstgeschichte sowie neue soziale Bewegungen. Seine Website mit Publikationsverzeichnis ist unter www. bernd-huettner.de zu finden, zuletzt Herausgeber, zusammen mit Nuria Cafaro und Caner Tekin, von „Gelingende und misslingende Solidarisierungen. Spontane Streiks in Westdeutschland um 1973“; luxemburg Beiträge, Band 18, Berlin 2023.
Florian Weis, ist Historiker mit Schwerpunkten zur neueren und neuesten britischen und deutschen Geschichte (Promotion 1998 zu „‚And now – win the Peace‘. Nachkriegsplanungen der Labour Party“). Er arbeitet seit 1999 in verschiedenen Funktionen in der Rosa-Luxemburg-Stiftung und ist dort gegenwärtig Co-Leiter der Gesprächskreise Antisemitismus/jüdisch-linke Geschichte und Gegenwart sowie Klassen und Sozialstruktur. Zuletzt Herausgeber, zusammen mit Riccardo Altieri und Bernd Hüttner, von „Zog nit keyn mol, az du geyst dem letstn veg. Mir zaynen do!“, Jüdinnen und Juden in der internationalen Linken, Band 4; luxemburg Beiträge, Band 20, Berlin 2024.